Sterbehilfe in Deutschland

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Sterbehilfe, das griechische Fachwort ist "Euthanasie", meint die aktive Handlung von Dritten, um den selbst gewünschten Tod einer Person herbeizuführen.


Allerdings ist der Gebrauch und das Verständnis des Wortes Sterbehilfe uneinheitlich. Das Spektrum seiner Bedeutungen reicht von der Hilfe im Sterben bis zur Hilfe zum Sterben. Unter Hilfe im Sterben wird die Begleitung Sterbender durch Pflege und menschliche Zuwendung oder die indirekte Sterbehilfe mittels der Gabe schmerzlindernder Medikamente unter Inkaufnahme ihrer lebensverkürzenden Wirkung verstanden. Unter Hilfe zum Sterben ist die aktive Sterbehilfe in Form lebensverkürzender oder -beendender Maßnahmen oder die passive Sterbehilfe in Form des Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen zu verstehen. Auch die Hilfe bei einem Suizid (assistierter Suizid) ist eine Hilfe zum Sterben.

Der Begriff Sterbehilfe deckt sich teilweise, je nach seinem Verständnis, mit dem Wort Euthanasie (εὐθανασία / Euthanasia, von εὔ /eu = „gut” und θάνατος / thanatos = „Tod”). Da Euthanasie in Deutschland jedoch von den Nationalsozialisten als eine beschönigende Bezeichnung für die gezielte Massentötung von Behinderten, Kranken und Kindern benutzt wurde, ist dieser Begriff in Deutschland kaum mehr als ein wertfreier Begriff brauchbar. Dagegen wird in anderen Ländern praktisch nur von Euthanasie gesprochen, wenn es um selbstbestimmte Lebensverkürzung (auch durch andere) geht. Pflegerische Hilfe beim Sterbevorgang wird dort wie selbstverständlich als Teil des Begriffs Pflege wahrgenommen.

2012, Entwurf zur Sterbehilfe verabschiedet

Das Bundeskabinett hat im August 2012 den umstrittenen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe nahezu unverändert verabschiedet. Der Entwurf geht nun in die parlamentarische Beratung.

"Gewerbsmäßige" Sterbehilfe würde dadurch künftig strafbar. Angehörige und andere nahestehende Personen blieben dagegen bei einer solchen Tat straffrei. Die (internen) Standesregeln der Ärzte würden durch ein solches Gesetz nicht berührt.

Der 66. Deutsche Juristentag hatte sich am 20. September 2006 mit großer Mehrheit für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe und zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen ausgesprochen.

Position der Bundesärztekammer

Die Bundesärztekammer hat eine schwierige Standortbestimmung zur Sterbehilfe hinter sich. Auf dem Bundesärztetag im Juni 2011 war die Berufsordnung durch ein explizites Verbot des ärztlich begleiteten Suizids verschärft worden. Zentral ist die Aussage: „Ärzte dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“

Obwohl der scheidende Präsident Dietrich Hoppe eigentlich angekündigt hatte, man müsse überdenken, ob das Berufsrecht weiterhin über das Strafrecht hinausgehen solle. „Denn über das Selbstbestimmungsrecht, das unser Grundgesetz garantiert, möchten wir uns ja nicht hinwegsetzen.“

Die so genannten Sterbehilfeorganisationen

Auch in Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und dem amerikanischen Bundesstaat Oregon ist Sterbehilfe unter bestimmten Vorschriften zulässig.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Im Jahr 2012 wurde eine Klage gegen das Verbot von Sterbehilfe zurückgewiesen. Im Rechtsstreit um die von Deutschland verweigerte Sterbehilfe für eine schwerbehinderte Frau hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht grundsätzlich über die Zulassung der Sterbehilfe geurteilt. Die Richter beschränkten ihr Urteil auf eine formale Beanstandung. Sie sehen auch die Rechte der Angehörigen eingeschränkt, wenn die vor Gericht keine Entscheidung in der Sache erhalten können.

Bekannte Fälle von Sterbehilfe

  • Emily Gilbert: Die 73-jährige US-Amerikanerin aus Fort Lauderdale (Florida) bat ihren Ehemann Roswell Gilbert im März 1985 wegen eines unheilbaren Knochenleidens um Sterbehilfe. Ihr Mann gab ihr zunächst Schmerztabletten und erschoss seine Frau mit einer Pistole. Der 76-jährige Roswell Gilbert wurde von einem Gericht zu 25 Jahren Haft verurteilt.
  • Ramón Sampedro: Der Spanier war 30 Jahre lang mit einem hohen Querschnitt vom Hals abwärts gelähmt. Seine Geschichte wurde in dem Film Das Meer in mir verfilmt. Dem Spanier wurde auf seinen Wunsch hin von einer Freundin ein Glas Wasser mit Zyankali so in die Nähe seines Mundes gestellt, dass er selbst mit einem Strohhalm daraus trinken konnte und daraufhin starb (1998). Mehrere seiner Freunde zeigten sich selbst der Beihilfe an, woraufhin das Verfahren eingestellt wurde.
  • Terri Schiavo: Eine US-Amerikanerin aus Saint Petersburg (Florida), die bei einem Zusammenbruch eine durch Sauerstoffmangel ausgelöste schwere Gehirnschädigung erlitten hatte und sich in der Folge von 1990 bis zu ihrem Tod 15 Jahre lang im Wachkoma befand. Terris Ehemann klagte seit 1998 durch mehrere Instanzen die Einstellung der künstlichen Ernährung ein. Dem wurde letztendlich im Februar 2005 statt gegeben.
  • Vincent Humbert: Ein Franzose, der seit September 2000 gelähmt und blind war, bat im Dezember 2002 um Sterbehilfe. Diese wurde ihm von offizieller französischer Seite nicht gewährt. Seine Mutter spritzte ihm daraufhin im September 2003 Natriumpentobarbital. Er fiel in ein Koma und von den Ärzten wurden die lebenserhaltenden Maschinen daraufhin abgeschaltet. Sein Fall führte in Frankreich zu einer Änderung der Gesetzeslage.
  • Piergiorgio Welby (* 26. Dezember 1945 in Rom; † 20. Dezember 2006 ebd.) war ein Italiener, seit seinem 18 Lebensjahr an Muskeldystrophie leidend, der im Jahr 2006 um Sterbehilfe bat. Diese Hilfe wurde ihm von dem Anästhesisten Mario Riccio am 20. Dezember 2006 gewährt, nachdem ein Gericht es abgelehnt hatte den Fall zu behandeln. Der später erhobene Mordvorwurf gegen Mario Riccio wurde von einem Gericht in Rom abgewiesen.
  • Inmaculada Echevarria war eine Spanierin, die seit ihrem elften Lebensjahr an Muskelschwund litt und die letzten zehn Jahre gelähmt im Krankenhaus verbracht hatte. Die Ärzte des Krankenhauses San Juan de Dios in Granada stellten im März 2007 das Beatmungsgerät der 51-Jährigen ab.
  • Eluana Englaro († 9. Februar 2009 Udine) Das höchste Gericht Italiens erlaubte im November den Abbruch der künstlichen Ernährung bei einer Patientin, eine seit 17 Jahren im Koma (?) liegende 38-Jährige. Das Urteil hatte der Vater beantragt.

Von diesen Fällen der individuellen Sterbehilfe (bzw. Tötungen) müssen unterschieden werden die einzelnen oder teilweise in Serie durchgeführten Tötungen von Patienten durch professionelle Pflegekräfte, die sich im anschließenden Strafverfahren auf „mutmaßliche Sterbehilfe“ als Entschuldigungsgrund berufen haben. Dabei handelte es sich nicht um eine länger bestehende vertrauensvolle Beziehung zwischen zwei Personen - zum Teil konnten, im juristischen Sinne, niedere Beweggründe als Motiv der Handlungen vermutet oder sogar bewiesen werden.

Begriffe

Sterbebegleitung

Unter Sterbebegleitung versteht man im Gegensatz dazu die Unterstützung todkranker Menschen während ihrer letzten Lebensphase, dem Sterben (Terminalstadium), daher ist sie auch Lebensbegleitung.

Hospiz

Ein Hospiz (lat. hospitium = Herberge) ist zunächst ein Konzept für die Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen. In erster Linie umfasst es die Betreuung final erkrankter Menschen in ihrer häuslichen Umgebung, aber auch im stationären Bereich (Palliativstation, Stationäres Hospiz). Hervorgegangen ist es aus einer bürgerlichen Bewegung (Hospizbewegung), die das Tabuthema Tod und Sterben wieder in der Gesellschaft verankern und den Sterbenden einen Platz im Leben bieten will. 1967 wurde das St. Christopher's Hospice in Sydenham (bei London) gegründet. Von dort nahm die heutige Hospizbewegung ihren Anfang, ursprünglich als eine bürgerliche Bewegung, die sich im Laufe der Zeit zunehmend institutionalisierte. Palliativmedizin und Hospizbewegung sind ganz wesentlich dem lebenslangen Einsatz von Cicely Saunders (1918-2005) zu danken. Die Hospizarbeit wurde nachhaltig durch die Arbeit von Elisabeth Kübler-Ross beeinflusst.

In der so genannten Hospizarbeit stehen die persönlichen Wünsche der Sterbenden an erster Stelle (z.B. Tagesablauf, Nachtaktivität, Ruhe oder Gesellschaft, therapeutische Maßnahmen, etc.). Die Aufgaben des Hospiz enden nicht mit dem Tod der Sterbenden. Die Angehörigen sollen auch bei der Trauer nach dem Tod begleitet werden. Das Angebot der Hospizbewegung ist in der BRD nicht gleichmäßig verteilt. Grundsätzlich besteht aber überall Bedarf nach "mehr".

In Deutschland gibt es 179 vollstationäre Hospize, darunter neun stationäre Kinderhospize und ein Jugendhospiz, 1500 (ambulante, meist ehrenamtlich) Hospizdienste und über 80.000 Hospizhelfer (Stand 2011). 1992 gründete sich die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz (BAG Hospiz) aus den einzelnen Landesarbeitsgemeinschaften. Zusammen mit der 1994 gegründeten Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und der Bundesärztekammer erarbeitete der DHPV 2010 eine Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen. 1995 wurde die Deutsche Hospiz Stiftung gegründet (seit 2009 umbenannt in Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung).

Siehe auch

Weblinks

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